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2024

Turnen und Geschlechterrollen

Die Bekleidung der Turnerinnen widerspiegelt(e) immer die gesellschaftlichen Rollenbilder.

Die Kantonsgeschichte Baselland schreibt dazu: "Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert trugen die Frauen noch lange Matrosenkleider. Das Korsett, welches anfänglich auch zum Turnen unter den Kleidern getragen wurde, verschwand. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Röcke kürzer oder durch lange Pumphosen abgelöst. Etwa um 1925 fielen die Socken und Strümpfe ganz weg. Von 1930 an trug die turnende Frau eine kurze Turnhose oder ein kurzes Röckchen. Und die Erfindung synthetischer Fasern wie Nylon bot nochmals neue Möglichkeiten für die Turnmode.
Wie Männer die Frauen in Turnkleidern wahrnahmen, drückt sich in einer Artikelserie im ‚Turnerbanner‘, dem Organ des Turnvereins Liestal, von 1932 aus. Der Verfasser hielt die Darbietung der Frauen für einen Augenschmaus, nicht wegen der turnerischen Qualität, sondern wegen der Erotik. So schwärmte er einem fiktiven Freund vor: ‘Ich sehe Dich im Geiste vor mir, das Wasser läuft Dir schon im Mund zusammen.’ Er war vom Anblick überwältigt, ‘der einen alle Sorgen vergessen macht. Die blauen Kleidchen, die rosigen Beinchen und frisch ondolierten Köpfchen’. Nach der Veranstaltung ging es im Wirtshaus Ziegelhof weiter, wo der Artikelschreiber nicht fehlen wollte, weil das Gerücht umging, ‘dass einige Mädchen nur den Mantel über die Turnkleider angezogen hätten und so zum Tanz ins Lokal kämen. Denk Dir diese Tangos’." Die beiden Bilder zeigen die Damenriege Gelterkinden im Jahre 1939 und Turnerinnen aus Münchenstein im Jahre 1927 (aus: Kantonsgeschichte BL online)